Berger: „Es ist ein Katz- und Maus-Spiel mit Linkem“
"Geld her, oder 2000 Südtiroler bleiben offline": Geht es nach der Internet-Firma Linkem, könnten 13 Südtiroler Gemeinden schon sehr bald nicht mehr im Netz sein. Südtirol Online hat mit Informatik-Landesrat Hans Berger über die „Drohungen“ der Firma, den Breitbandinternet-Dienst einzustellen, gesprochen.
Südtirol Online: Wie konnte es dazu kommen, dass Linkem nun mit einem Netzausfall droht?
Landesrat Berger: An der Technik liegt es nicht. Linkem verwendet eine bewährte, ausgereifte Technologie, die auch von der Brennercom für die 44 Gemeinden der zweiten Ausschreibung des Landes für die Versorgung mit Breitband-Internet verwendet wird. Wahrscheinlich hat sich Linkem bei seiner eigenen Leistungsfähigkeit verkalkuliert. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass die 13 Gemeinden sehr entlegen sind. Vielleicht ist dem Unternehmen alles über den Kopf gewachsen.
STOL: Linkem will Geld. Kann das Land dem Unternehmen keinen Vorschuss geben?
Berger:: Das Land hat über die RAS mit der Linkem Verträge mit klaren Vorgaben, die die Firma zu erfüllen hat. Darin ist der Passus enthalten, dass kein Cent gezahlt wird, bevor die Verträge nicht gänzlich erfüllt sind. Wir wären natürlich heilfroh, wenn die Linkem den Vertrag erfüllen könnte, was aber nicht der Fall ist. Deshalb werden wir jetzt erneut überprüfen, ob die Auflagen zumindest teilweise, also in einigen Gemeinden, erfüllt worden sind. Unser Ziel ist es ja, die Versorgung der Südtiroler zu gewährleisten. Wenn die Linkem den Dienst gewährleisten könnte, wären wir heilfroh. Das Geld ist ja da. Würden die Verträge erfüllt, könnten wir zahlen. Damit wären alle Probleme gelöst. Jene der Bürger, die von Linkem und unsere.
STOL: Wie geht es nun weiter?
Berger:: Die Versorgung durch die Linkem in den 13 Gemeinden ist völlig unterschiedlich. Manche Gemeinden sind gut an das Breitband-Netz angeschlossen, andere fast gar nicht. Wir werden jetzt den technischen Stand jener Gemeinden kontrollieren, in denen Linkem viele Kunden hat. Dabei handelt es sich um das Ahrntal, Kastelruth und Tramin. In anderen Gemeinden, die Teil der Ausschreibung sind, hat Linkem fast keine Kunden. Mein Ziel ist es, dass jene Kunden, die bereits online sind, den Dienst weiterhin nutzen können. Deshalb sind wir dabei rechtlich zu überprüfen, unter welchen Bedingungen wir Maßnahmen treffen können, das Linkem den Dienst zumindest in der heutigen Form weiterführt, auch wenn der Vertrag mit dem Land noch nicht zu hundert Prozent erfüllt wurde. Deshalb wollen wir verhandeln.
STOL: Hat es bisher bereits direkte Gespräche zwischen Linkem und Land gegeben?
Berger:: Die hat es bereits gegeben. Dabei hat das Unternehmen allerdings unmögliche Forderungen gestellt, die wir ablehnen mussten. Die Verhandlungen wurden abgebrochen. Das Land gibt Steuergelder aus und es gibt Verträge, die von Linkem eingehalten werden müssen. Das Land muss rechtlich in Ordnung sein. Deshalb muss jetzt geklärt werden, ob es rechtlich möglich ist, eine Kompromisslösung zu finden, um den Dienst zumindest in jenen Gemeinden weiterhin zu gewährleisten, wo er schon funktioniert.
STOL: Linkem droht die Breitbandversorgung einzustellen, wenn das Land nicht zahlt. Fühlen Sie sich nicht erpresst?
Berger:: Für mich ist es schon ein Katz- und Maus-Spiel: Linkem hat mittlerweile Kunden, die die Telecom-Verträge gekündigt haben, fest an sich gebunden. Diese Leute sind der Firma ausgeliefert.
STOL: Was, wenn Linkem seinen Dienst wirklich einstellt? Gibt es einen Notfallplan?
Berger:: Nein. Die Entscheidung liegt ganz beim Linkem. Die Firma muss selbst wissen, ob sie ihre 2000 Kunden im Dunkeln lassen will und auf die Einnahmen verzichten kann. Außerdem hat Linkem bereits viel Geld in die Infrastruktur investiert. Diese Geschäftspraktik ist für mich nicht ganz nachvollziehbar.
STOL: Wie viel müsste das Land zahlen, wenn Linkem den Vertrag erfüllen würde?
Berger:: Linkem hat bei der Ausschreibung 1,9 Millionen Euro geboten und dafür den Zuschlag erhalten. Da die Arbeiten aber nicht fristgerecht erledigt wurden, werden pro Monat Verzögerung Strafgebühren fällig. Damit sinkt die Summe, die wir zahlen müssen.
STOL: Wer versorgt Sie zuhause mit Internet?
Berger:: Die Telecom. Ich habe aber keinen Breitband-Anschluss. Ich wohne in Rain in Taufers. Das Dorf gehört zu jenen Gemeinden in der Peripherie, die vom Land mit Breitband versorgt werden.
Interview: Rupert Bertagnolli
Donnerstag, 24. Juli 20
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